3.1 Rechnungen mit komplexen Zahlen

Aus Online Mathematik Brückenkurs 2

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Inhalt:

  • Real- und Imaginärteil
  • Addition und Subtraktion von komplexen Zahlen
  • Komplexe Konjugation
  • Multiplikation und Division von komplexen Zahlen

Lernziele:

Nach diesem Abschnitt solltest Du folgendes wissen:

  • Wie man komplexe Ausdrücke mit den vier Grundrechenarten vereinfacht.
  • wie man komplexe Gleichungen löst und die Antwort vereinfacht.

A - Einführung

Obwohl die reellen Zahlen die ganze Zahlengerade füllen, gibt es algebraische Gleichungen, die keine Lösungen in den reellen Zahlen haben. Gleichungen mit der Form

\displaystyle a_nx^n+a_{n-1}x^{n-1}+\cdots+a_1x+a_0=0

haben nicht immer Lösungen in den reellen Zahlen. Zum Beispiel hat die Gleichung \displaystyle x^2+1=0 keine reellen Lösungen, nachdem keine reelle Zahl \displaystyle x^2=-1 erfüllt. Wir können uns aber vorstellen, dass wir \displaystyle \sqrt{-1} als die Zahl definieren, die die Gleichung \displaystyle x^2=-1 erfüllt und so rechnen als wäre \displaystyle \sqrt{-1} eine normale Zahl. Obwohl die Zahl \displaystyle \sqrt{-1} nicht messbar ist, gibt es viele Anwendungen, wo genau diese Zahl sehr nützlich ist.


Beispiel 1

Wenn wir die Summe der Wurzeln (Lösungen) zur Gleichung \displaystyle x^2-2x+2=0 suchen, finden wir zuerst die Wurzeln \displaystyle x_1=1+\sqrt{-1} und \displaystyle x_2=1-\sqrt{-1}. Diese Wurzeln enthalten \displaystyle \sqrt{-1}. Wenn wir ganz normal mit \displaystyle \sqrt{-1} rechnen, sehen wir, dass die Summen von \displaystyle x_1 und \displaystyle x_2 \displaystyle 1+\sqrt{-1} + 1-\sqrt{-1} =2 eine ganz normale reelle Zahl ist.

Obwohl die Antwort reell war, haben wir die "imaginäre" Zahl \displaystyle \sqrt{-1} angewendet, um die Antwort zu erhalten.


B - Definition der komplexen Zahlen

Die Begriffe "reell" (für normale Zahlen) und "imaginär" (für Zahlen wie \displaystyle \sqrt{-1}) sind etwas irreführend, nachdem alle Zahlen menschliche Konstruktionen sind. Trotzdem verwendet man noch heutzutage diese Begriffe, die einmal durch die Skepsis für Zahlen wie \displaystyle \sqrt{-1} entstanden.

Da die Zahl \displaystyle \sqrt{-1} nicht durch eine Dezimalbruchentwicklung geschrieben werden kann, wie es zum Beispiel bei \displaystyle \sqrt{2} möglich ist, müssen wir solche Zahlen mit einer besonderen Einheit beschreiben. Diese Einheit nennt man gewöhnlich \displaystyle i (oder manchmal auch \displaystyle j). Die Zahl i wird als "imaginäre Einheit" bezeichnet, und Zahlen auf der Form \displaystyle b\,i, wo \displaystyle b reell ist, werden "imaginäre Zahlen" genannt. Eine komplexe Zahl ist eine Zahl mit der Form

\displaystyle z=a+bi\,\mbox{,}

wo \displaystyle a und \displaystyle b reelle Zahlen sind und \displaystyle i die Gleichung \displaystyle i^2=-1 erfüllt.

Wenn \displaystyle a = 0 nennt man die Zahl "rein imaginär". Wenn \displaystyle b = 0 ist die Zahl reell. Die reellen Zahlen sind also eine Teilmenge der komplexen Zahlen, die wir mit C bezeichnen.

Eine beliebige komplexe Zahl bezeichnet man meistens mit \displaystyle z. Wenn \displaystyle z=a+bi, wo \displaystyle a und \displaystyle b reell sind, ist \displaystyle a der Realteil und \displaystyle b der Imaginärteil von \displaystyle z. Für diese verwendet man folgende Bezeichnungen

\displaystyle \begin{align*}a &= \mathop{\rm Re} z\,\mbox{,}\\ b&=\mathop{\rm Im} z\,\mbox{.}\end{align*}

Wenn man mit komplexen Zahlen rechnet, rechnet man genauso wie mit reellen Zahlen, aber man beachtet, dass \displaystyle i^2=-1.


Addition und Subtraktion

Wenn man zwei komplexe Zahlen addiert, addiert man jeweils deren Real- und Imaginärteil für sich.

Wenn \displaystyle z=a+bi und \displaystyle w=c+di zwei komplexe Zahlen sind, dann ist

\displaystyle \begin{align*} z+w &= a+bi+c+di = a+c+(b+d)i\,\mbox{,}\\ z-w &= a+bi-(c+di) = a-c+(b-d)i\,\mbox{.}\end{align*}

Beispiel 2

  1. \displaystyle (3-5i)+(-4+i)=-1-4i
  2. \displaystyle \bigl(\tfrac{1}{2}+2i\bigr)-\bigl(\tfrac{1}{6}+3i\bigr) = \tfrac{1}{3}-i
  3. \displaystyle \frac{3+2i}{5}-\frac{3-i}{2} = \frac{6+4i}{10}-\frac{15-5i}{10} = \frac{-9+9i}{10} = -0\textrm{.}9 + 0\textrm{.}9i


C - Multiplikation

Die Multiplikation von komplexen Zahlen ist genauso wie die Multiplikation von reellen Zahlen definiert, nur unter der zusätzlichen Bedingung, dass \displaystyle i^2=-1. Allgemein gilt für zwei komplexe Zahlen \displaystyle z=a+bi und \displaystyle w=c+di, dass

\displaystyle z\, w=(a+bi)(c+di)=ac+adi+bci+bdi^2=(ac-bd)+(ad+bc)i\,\mbox{.}

Beispiel 3

  1. \displaystyle 3(4-i)=12-3i
  2. \displaystyle 2i(3-5i)=6i-10i^2=10+6i
  3. \displaystyle (1+i)(2+3i)=2+3i+2i+3i^2=-1+5i
  4. \displaystyle (3+2i)(3-2i)=3^2-(2i)^2=9-4i^2=13
  5. \displaystyle (3+i)^2=3^2+2\times3i+i^2=8+6i
  6. \displaystyle i^{12}=(i^2)^6=(-1)^6=1
  7. \displaystyle i^{23}=i^{22}\times i=(i^2)^{11}\times i=(-1)^{11}i=-i


D - Komplexe Konjugation

Wenn \displaystyle z=a+bi nennt man \displaystyle \overline{z} = a-bi die zu \displaystyle z komplex konjugierte Zahl. (Das Gegenteil gilt auch, nämlich dass \displaystyle z die konjugiert komplexe Zahl von \displaystyle \overline{z} ist). Man erhält dadurch folgende Regeln

\displaystyle \begin{align*} z+\overline{z} &= a + bi + a - bi = 2a = 2\, \mathop{\rm Re} z\,\mbox{,}\\ z-\overline{z} &= a + bi - (a - bi) = 2bi = 2i\, \mathop{\rm Im} z\,\mbox{,}\end{align*}

Am wichtigsten ist aber, dass man, wenn man die Regel der Differenz von zwei Quadraten anwendet, folgendes erhält

\displaystyle z\, \bar z = (a+bi)(a-bi)=a^2-(bi)^2=a^2-b^2i^2=a^2+b^2\,\mbox{,}

Das Produkt von zwei konjugiert komplexen Zahlen ist also immer reell.


Beispiel 4

  1. \displaystyle z=5+i\qquad wird zu \displaystyle \quad\overline{z}=5-i\,.
  2. \displaystyle z=-3-2i\qquad wird zu \displaystyle \quad\overline{z} =-3+2i\,.
  3. \displaystyle z=17\qquad wird zu \displaystyle \quad\overline{z} =17\,.
  4. \displaystyle z=i\qquad wird zu \displaystyle \quad\overline{z} =-i\,.
  5. \displaystyle z=-5i\qquad wird zu \displaystyle \quad\overline{z} =5i\,.

Beispiel 5

  1. Wenn \displaystyle z=4+3i erhält man
    • \displaystyle z+\overline{z} = 4 + 3i + 4 -3i = 8
    • \displaystyle z-\overline{z} = 6i
    • \displaystyle z \, \overline{z} = 4^2-(3i)^2=16+9=25
  2. Wenn man für \displaystyle z also \displaystyle \mathop{\rm Re} z=-2 und \displaystyle \mathop{\rm Im} z=1 einsetzt, erhält man
    • \displaystyle z+\overline{z} = 2\,\mathop{\rm Re} z = -4
    • \displaystyle z-\overline{z} = 2i\,\mathop{\rm Im} z = 2i
    • \displaystyle z\, \overline{z} = (-2)^2+1^2=5


E - Division

Um den Quotienten von zwei komplexen Zahlen zu berechnen, erweitert man den Bruch mit dem konjugiert komplexen Nenner, wobei man einen reellen Nenner erhält. Wenn \displaystyle z=a+bi und \displaystyle w=c+di gilt im Allgemeinen:

\displaystyle \frac{z}{w} = \frac{a+bi}{c+di} = \frac{(a+bi)(c-di)}{(c+di)(c-di)} = \frac{(ac+bd)+(bc-ad)i}{c^2+d^2} = \frac{ac+bd}{c^2+d^2}+\frac{bc-ad}{c^2+d^2}\,i

Beispiel 6

  1. \displaystyle \quad\frac{4+2i}{1+i} = \frac{(4+2i)(1-i)}{(1+i)(1-i)} = \frac{4-4i+2i-2i^2}{1-i^2} = \frac{6-2i}{2}=3-i


  2. \displaystyle \quad\frac{25}{3-4i} = \frac{25(3+4i)}{(3-4i)(3+4i)} = \frac{25(3+4i)}{3^2-16i^2} = \frac{25(3+4i)}{25} = 3+4i


  3. \displaystyle \quad\frac{3-2i}{i} = \frac{(3-2i)(-i)}{i(-i)} = \frac{-3i+2i^2}{-i^2} = \frac{-2-3i}{1} = -2-3i

Beispiel 7

  1. \displaystyle \quad\frac{2}{2-i}-\frac{i}{1+i} = \frac{2(2+i)}{(2-i)(2+i)} - \frac{i(1-i)}{(1+i)(1-i)} = \frac{4+2i}{5}-\frac{1+i}{2}


    \displaystyle \quad\phantom{\frac{2}{2-i}-\frac{i}{1+i}}{} = \frac{8+4i}{10}-\frac{5+5i}{10} = \frac{3-i}{10}\vphantom{\Biggl(}
  2. \displaystyle \quad\frac{1-\dfrac{2}{1-i}}{2i+\dfrac{i}{2+i}} = \frac{\dfrac{1-i}{1-i}-\dfrac{2}{1-i}}{\dfrac{2i(2+i)}{(2+i)} + \dfrac{i}{2+i}} = \frac{\dfrac{1-i-2}{1-i}}{\dfrac{4i+2i^2 + i}{2+i}} = \frac{\dfrac{-1-i}{1-i}}{\dfrac{-2+5i}{2+i}}


    \displaystyle \quad\phantom{\smash{\frac{1-\dfrac{2}{1-i}}{2i+\dfrac{i}{2+i}}}}{} = \frac{-1-i}{1-i}\times \frac{2+i}{-2+5i} = \frac{(-1-i)(2+i)}{(1-i)(-2+5i)} = \frac{-2-i-2i-i^2}{-2+5i+2i-5i^2}\vphantom{\Biggl(}


    \displaystyle \quad\phantom{\smash{\frac{1-\dfrac{2}{1-i}}{2i+\dfrac{i}{2+i}}}}{} = \frac{-1-3i}{3+7i} = \frac{(-1-3i)(3-7i)}{(3+7i)(3-7i)} = \frac{-3+7i-9i+21i^2}{3^2-49i^2}\vphantom{\Biggl(}

    \displaystyle \quad\phantom{\smash{\frac{1-\dfrac{2}{1-i}}{2i+\dfrac{i}{2+i}}}}{} = \frac{-24-2i}{58} = \frac{-12-i}{29}\vphantom{\Biggl(}

Beispiel 8

Bestimme die reelle Zahl \displaystyle a so, dass der Ausdruck \displaystyle \ \frac{2-3i}{2+ai}\ reell ist.

Wir erweitern den Bruch mit dem konjugiert komplexen Nenner, sodass wir den Ausdruck in Real- und Imaginärteil aufteilen können.

\displaystyle \frac{(2-3i)(2-ai)}{(2+ai)(2-ai)} = \frac{4-2ai-6i+3ai^2}{4-a^2i^2} = \frac{4-3a-(2a+6)i}{4+a^2}

Der Ausdruck ist reell, wenn der Imaginärteil 0 ist, also

\displaystyle 2a+6=0\quad\Leftrightarrow\quad a = -3\,\mbox{.}


F - Gleichungen

Wenn zwei komplexe Zahlen \displaystyle z=a+bi und \displaystyle w=c+di gleich sind, müssen deren Real- und Imaginärteile gleich sein und daher ist \displaystyle a=c und \displaystyle b=d). Wenn man komplexe Gleichungen mit der Unbekannten \displaystyle z löst, schreibt man oft \displaystyle z=a+bi und vergleicht die Real- und Imaginärteile der beiden Seiten der Gleichung miteinander.

Beispiel 9

  1. Löse die Gleichung \displaystyle 3z+1-i=z-3+7i.

    Wir sammeln alle \displaystyle z auf der linken Seite der Gleichung, indem wir \displaystyle z von beiden Seiten subtrahieren
    \displaystyle 2z+1-i = -3+7i

    Jetzt subtrahieren wir \displaystyle 1-i von beiden Seiten,

    \displaystyle 2z = -4+8i\,\mbox{.}
    Also ist \displaystyle \ z=\frac{-4+8i}{2}=-2+4i\,\mbox{.}
  2. Löse die Gleichung \displaystyle z(-1-i)=6-2i.

    Wir dividieren beide Seiten durch \displaystyle -1-i um \displaystyle z zu erhalten.
    \displaystyle z = \frac{6-2i}{-1-i} = \frac{(6-2i)(-1+i)}{(-1-i)(-1+i)} = \frac{-6+6i+2i-2i^2}{(-1)^2 -i^2} = \frac{-4+8i}{2} = -2+4i\,\mbox{.}
  3. Löse die Gleichung \displaystyle 3iz-2i=1-z.

    Wir addieren \displaystyle z und \displaystyle 2i auf beiden Seiten und erhalten
    \displaystyle 3iz+z=1+2i\quad \Leftrightarrow \quad z(3i+1)=1+2i\,\mbox{.}

    Das ergibt

    \displaystyle z = \frac{1+2i}{1+3i} = \frac{(1+2i)(1-3i)}{(1+3i)(1-3i)} = \frac{1-3i+2i-6i^2}{1-9i^2} = \frac{7-i}{10}\,\mbox{.}
  4. Löse die Gleichung \displaystyle 2z+1-i=\bar z +3 + 2i.

    Die Gleichung enthält \displaystyle z und \displaystyle \overline{z}. Deshalb ist es am einfachsten, wenn wir annehmen, dass \displaystyle z=a+ib und die Gleichung für \displaystyle a und \displaystyle b lösen, indem wir den Real- und Imaginärteil jeder Seite Identifizieren.
    \displaystyle 2(a+bi)+1-i=(a-bi)+3+2i

    Also

    \displaystyle (2a+1)+(2b-1)i=(a+3)+(2-b)i\,\mbox{,}

    das ergibt

    \displaystyle \left\{\begin{align*} 2a+1 &= a+3\\ 2b-1 &= 2-b\end{align*}\right.\quad\Leftrightarrow\quad\left\{\begin{align*} a &= 2\\ b &= 1\end{align*}\right.\,\mbox{.}
    Die Antwort ist daher \displaystyle z=2+i.


Tipps fürs Lernen

Beachte folgendes:

Man rechnet mit komplexen Zahlen genauso wie mit reellen Zahlen, nur beachtet man hier auch, dass \displaystyle i^2=-1.

Komplexe Brüche berechnet man, indem man den Bruch mit dem konjugiert komplexen Nenner erweitert.