3.4 Komplexe Polynome
Aus Online Mathematik Brückenkurs 2
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'''Lernziele:''' | '''Lernziele:''' | ||
- | Nach diesem Abschnitt | + | Nach diesem Abschnitt solltest Du folgendes wissen: |
- | * Polynomdivision | + | * Wie man die Polynomdivision ausführt. |
- | * | + | * In welchem Verhältnis die Faktoren und Nullstellen eines Polynomes stehen. |
- | * | + | * Ein Polynom mit Grad ''n'' hat ''n'' Nullstellen. |
- | * | + | * Polynome mit reellen Koeffizienten haben konjugiert komplexe Nullstellen. |
}} | }} | ||
- | == Polynome == | + | Die Lernziele sind Dir aus der Schule noch bestens vertraut und Du weißt ganz genau, wie man die zugehörigen Rechnungen ausführt? Dann kannst Du auch gleich mit den <b>Prüfungen</b> beginnen (Du findest den Link in der Student Lounge). |
+ | |||
+ | == A - Polynome == | ||
Ausdrücke in der Form | Ausdrücke in der Form | ||
- | {{Abgesetzte Formel||<math>a_nx^n+a_{n-1}x^{n-1} + \ldots + a_2x^2 + a_1x+a_0</math>}} | + | {{Abgesetzte Formel||<math>a_nx^n+a_{n-1}x^{n-1} + \ldots + a_2x^2 + a_1x+a_0</math> ,}} |
- | + | wobei <math>n</math> eine ganze Zahl ist, nennt man ''Polynome'' vom Grad <math>n</math> und der Variable <math>x</math>. Die Zahl <math>a_1</math> ist der Koeffizient von <math>x</math>, <math>a_2</math> ist der Koeffizient von <math>x^2</math>, etc. Die Zahl <math>a_0</math> ist die Konstante des Polynoms. | |
- | Polynome haben | + | Polynome haben mit den ganzen Zahlen viele Eigenschaften gemein und sind deshalb in der Mathematik höchst interessant. |
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''' Beispiel 1''' | ''' Beispiel 1''' | ||
- | + | Vergleiche folgende Zahl in der Basis 10 | |
- | {{Abgesetzte Formel||<math>1353= 1\ | + | {{Abgesetzte Formel||<math>1353= 1\cdot 10^3 + 3\cdot 10^2 + 5\cdot 10 + 3</math> .}} |
- | + | mit dem Polynom <math>p(x)</math> | |
- | {{Abgesetzte Formel||<math>x^3 + 3x^2 + 5x + 3 = 1\ | + | {{Abgesetzte Formel||<math>x^3 + 3x^2 + 5x + 3 = 1\cdot x^3 + 3\cdot x^2 + 5\cdot x + 3</math>}} |
- | und | + | und dann den folgenden Divisionen |
- | *<math>\quad\frac{1353}{11} = 123 \qquad</math> | + | *<math>\quad\frac{1353}{11} = 123 \qquad</math> da <math>\ 1353= 123\cdot 11\,</math>, |
- | *<math>\quad\frac{x^3 + 3x^2 + 5x + 3}{x+1} = x^2+2x+3\qquad</math> | + | *<math>\quad\frac{x^3 + 3x^2 + 5x + 3}{x+1} = x^2+2x+3\qquad</math> da <math>\ x^3 + 3x^2 + 5x + 3= (x^2+2x+3)(x+1)\,</math>. |
</div> | </div> | ||
- | Wenn <math>p(x)</math> ein Polynom | + | Wenn <math>p(x)</math> ein Polynom vom Grad <math>n</math> ist, ist <math>p(x)=0</math> eine ''Polynomgleichung'' vom Grad <math>n</math>. Falls <math>p(a)=0</math> für die Zahl <math>x=a</math>, nennt man <math>x=a</math> eine ''Wurzel'' oder Lösung der Gleichung. Man sagt auch, dass <math>x=a</math> eine Nullstelle von <math>p(x)</math> ist. |
- | Das Beispiel zeigt, dass Polynome wie ganze Zahlen dividiert werden können. Meistens erhält man nach einer Polynomdivision nicht ein ganzes Polynom. | + | Das Beispiel zeigt, dass Polynome wie ganze Zahlen dividiert werden können. Meistens erhält man nach einer Polynomdivision nicht ein ganzes Polynom. Es ist wie bei den ganzen Zahlen, zum Beispiel |
{{Abgesetzte Formel||<math>\frac{37}{5} = \frac{35+2}{5}=7+\frac{2}{5}\,\mbox{.}</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>\frac{37}{5} = \frac{35+2}{5}=7+\frac{2}{5}\,\mbox{.}</math>}} | ||
- | Man kann auch schreiben, dass <math>\ 37= 7\ | + | Man kann auch schreiben, dass <math>\ 37= 7\cdot 5+2\,</math>. Die Zahl 7 wird ''Quotient'' genannt, und die Zahl 2 wird der ''Rest'' genannt. Man sagt, dass die Division von 37 durch 5 den Quotienten 7 und den Rest 2 ergibt. |
- | Gleichermassen gilt , dass wenn <math>p(x)</math> und <math>q(x)</math> Polynome sind, kann man <math>p(x)</math> durch <math>q(x)</math> dividieren | + | Gleichermassen gilt, dass wenn <math>p(x)</math> und <math>q(x)</math> Polynome sind, kann man <math>p(x)</math> durch <math>q(x)</math> dividieren und die Polynome <math>k(x)</math> und <math>r(x)</math> bestimmen, sodass |
- | {{Abgesetzte Formel||<math>\frac{p(x)}{q(x)} = k(x)+ \frac{r(x)}{q(x) | + | {{Abgesetzte Formel||<math>\frac{p(x)}{q(x)} = k(x)+ \frac{r(x)}{q(x)} </math>}} |
oder <math>\ p(x)= k(x)\, q(x)+r(x)\,</math>. Man sagt hier, dass <math>k(x)</math> der Quotient ist, und <math>r(x)</math> der Rest. | oder <math>\ p(x)= k(x)\, q(x)+r(x)\,</math>. Man sagt hier, dass <math>k(x)</math> der Quotient ist, und <math>r(x)</math> der Rest. | ||
- | Falls der Rest null wird, also wenn <math>r(x)=0</math> sagt man, dass <math>p(x)</math> durch <math>q(x)</math> teilbar ist | + | Falls der Rest null wird, also wenn <math>r(x)=0</math>, sagt man, dass <math>p(x)</math> durch <math>q(x)</math> teilbar ist oder, dass <math>q(x)</math> ein ''Teiler'' von <math>p(x)</math> ist. Man Schreibt |
- | {{Abgesetzte Formel||<math>\frac{p(x)}{q(x)} = k(x) | + | {{Abgesetzte Formel||<math>\frac{p(x)}{q(x)} = k(x) </math>}} |
oder <math>\ p(x) = k(x)\, q(x)\,</math>. | oder <math>\ p(x) = k(x)\, q(x)\,</math>. | ||
- | == Polynomdivision == | + | == B - Polynomdivision == |
Wenn <math>p(x)</math> einen Grad hat, der höher als der Grad von <math>q(x)</math> ist, kann man <math>p(x)</math> durch <math>q(x)</math> teilen. Dies kann man zum Beispiel machen, indem man Vielfache von <math>q(x)</math> von <math>p(x)</math> abzieht bis der Grad des Zählers kleiner als der Grad des Nenners <math>q(x) ist.</math>. | Wenn <math>p(x)</math> einen Grad hat, der höher als der Grad von <math>q(x)</math> ist, kann man <math>p(x)</math> durch <math>q(x)</math> teilen. Dies kann man zum Beispiel machen, indem man Vielfache von <math>q(x)</math> von <math>p(x)</math> abzieht bis der Grad des Zählers kleiner als der Grad des Nenners <math>q(x) ist.</math>. | ||
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- | + | Berechne <math>\ \frac{x^3 + x^2 -x +4}{x+2}\,</math> durch Polynomdivision. | |
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{{Abgesetzte Formel||<math>\frac{x^3 + x^2 -x +4}{x+2} = \frac{x^3+2x^2-2x^2+x^2-x+4}{x+2}\,\mbox{.}</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>\frac{x^3 + x^2 -x +4}{x+2} = \frac{x^3+2x^2-2x^2+x^2-x+4}{x+2}\,\mbox{.}</math>}} | ||
- | + | Dieser Term ist so gewählt, weil <math>x^3+2x^2</math>als <math>x^2(x+2)</math> geschrieben werden kann und wir dadurch den Faktor <math>(x+2)</math> kürzen können. | |
{{Abgesetzte Formel||<math>\frac{x^2(x+2)-2x^2+x^2-x+4}{x+2} = x^2+\frac{-x^2-x+4}{x+2}\,\mbox{.}</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>\frac{x^2(x+2)-2x^2+x^2-x+4}{x+2} = x^2+\frac{-x^2-x+4}{x+2}\,\mbox{.}</math>}} | ||
- | Jetzt addieren und subtrahieren wir einen passenden | + | Jetzt addieren und subtrahieren wir einen passenden <math>x</math>-Term im Zähler, sodass wir den <math>x^2</math>-Term beseitigen |
{{Abgesetzte Formel||<math>\begin{align*} x^2+\frac{-x^2-2x+2x-x+4}{x+2} &= x^2+\frac{-x(x+2)+2x-x+4}{x+2}\\ &=x^2-x+\frac{x+4}{x+2}\,\mbox{.}\end{align*}</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>\begin{align*} x^2+\frac{-x^2-2x+2x-x+4}{x+2} &= x^2+\frac{-x(x+2)+2x-x+4}{x+2}\\ &=x^2-x+\frac{x+4}{x+2}\,\mbox{.}\end{align*}</math>}} | ||
- | Im letzten Schritt addieren und subtrahieren wir eine Konstante | + | Im letzten Schritt addieren und subtrahieren wir eine Konstante im Zähler |
{{Abgesetzte Formel||<math>x^2-x+\frac{x+4}{x+2}=x^2-x+\frac{x+2-2+4}{x+2} = x^2-x+1+\frac{2}{x+2}\,\mbox{.}</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>x^2-x+\frac{x+4}{x+2}=x^2-x+\frac{x+2-2+4}{x+2} = x^2-x+1+\frac{2}{x+2}\,\mbox{.}</math>}} | ||
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- | Der Quotient ist also <math>x^2 -x + 1</math> und der Rest ist <math>2</math>. | + | Der Quotient ist also <math>x^2 -x + 1</math> und der Rest ist <math>2</math>. Da der Rest nicht null ist, ist <math>q(x)= x+2</math> kein Teiler von <math>p(x)=x^3 + x^2 -x +4</math>. |
+ | |||
+ | Analog zur schriftlichen Division kann man diese Rechnung auch abgekürzt schreiben: | ||
+ | |||
+ | <math>\phantom{-}(x^3 +\phantom{(2} x^2 -\phantom{2} x +4):(x+2) = x^2 -x +1 + \frac{2}{x+2}</math> | ||
+ | |||
+ | <math>\underline{-(x^3+\phantom{(} 2x^2)}</math> | ||
+ | |||
+ | <math>\phantom{-(x^3 (2} - x^2 -\phantom{2} x</math> | ||
+ | |||
+ | <math>\phantom{-(x^3}\underline{-(-x^2 -2x)}</math> | ||
+ | |||
+ | <math>\phantom{-(x^3+2 x^2 -2}x +4</math> | ||
+ | |||
+ | <math>\phantom{-(x^3+2 x^2 } \underline{-( \phantom{2}x+2)}</math> | ||
+ | |||
+ | <math> \phantom{-(x^3+2 x^2 +2x+}2</math> | ||
</div> | </div> | ||
- | ==Das Verhältnis zwischen Faktoren und Nullstellen == | + | == C - Das Verhältnis zwischen Faktoren und Nullstellen == |
- | Wenn <math>q(x)</math> ein Teiler von <math>p(x)</math> ist, ist <math>p(x)=k(x)\, q(x)</math>. Wir haben <math>p(x)</math> also ''faktorisiert''. Man sagt, dass <math>q(x)</math> ein Faktor von <math>p(x)</math> ist. | + | Wenn <math>q(x)</math> ein Teiler von <math>p(x)</math> ist, ist <math>p(x)=k(x)\, q(x)</math>. Wir haben <math>p(x)</math> also ''faktorisiert''. Man sagt, dass <math>q(x)</math> ein Faktor von <math>p(x)</math> ist. Besonders |
+ | wenn ein Polynom <math>(x-a)</math> mit dem Grad 1 ein Teiler von <math>p(x)</math> ist, dann ist <math>(x-a)</math> ein Faktor von <math>p(x)</math>, also | ||
{{Abgesetzte Formel||<math>p(x)= q(x)\, (x-a)\,\mbox{.}</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>p(x)= q(x)\, (x-a)\,\mbox{.}</math>}} | ||
- | + | Da <math>\ p(a)=q(a)\, (a-a)= q(a)\times 0 = 0\ </math>, bedeutet dies, dass <math>x=a</math> eine Nullstelle von <math>p(x)</math> ist. | |
<div class="regel"> | <div class="regel"> | ||
- | <math>(x-a)</math> ist ein Teiler vom Polynom <math>p(x)</math> genau dann wenn <math>x=a</math> eine Nullstelle von <math>p(x)</math> ist. | + | <math>(x-a)</math> ist ein Teiler vom Polynom <math>p(x)</math> genau dann, wenn <math>x=a</math> eine Nullstelle von <math>p(x)</math> ist. |
</div> | </div> | ||
- | Beachten Sie dass dieser Satz in beide Richtungen gilt. | + | Beachten Sie, dass dieser Satz in beide Richtungen gilt. Wenn wir wissen, dass <math>x=a</math> eine Nullstelle von <math>p(x)</math> ist, wissen wir also auch, dass <math>p(x)</math> durch <math>(x-a)</math> teilbar ist. |
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- | Das Polynom <math>p(x) = x^2-6x+8</math> kann | + | Das Polynom <math>p(x) = x^2-6x+8</math> kann so |
{{Abgesetzte Formel||<math>x^2-6x+8 = (x-2)(x-4)</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>x^2-6x+8 = (x-2)(x-4)</math>}} | ||
- | in Faktoren zerlegt werden | + | in Faktoren zerlegt werden und hat daher die Nullstellen <math>x=2</math> und <math>x=4</math> (und keine anderen Nullstellen). Dies sind genau die Nullstellen, die wir erhalten, wenn wir die Gleichung <math>\ x^2-6x+8 = 0\,</math> lösen. |
</div> | </div> | ||
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<ol type="a"> | <ol type="a"> | ||
- | <li> | + | <li> Zerlege das Polynom <math>\ x^2-3x-10\,</math> in seine Faktoren. |
<br> | <br> | ||
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{{Abgesetzte Formel||<math>x= \frac{3}{2} \pm \sqrt{\Bigl(\frac{3}{2}\Bigr)^2 - (-10)} = \frac{3}{2} \pm \frac{7}{2}\,\mbox{,}</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>x= \frac{3}{2} \pm \sqrt{\Bigl(\frac{3}{2}\Bigr)^2 - (-10)} = \frac{3}{2} \pm \frac{7}{2}\,\mbox{,}</math>}} | ||
- | also | + | also <math>x=-2</math> und <math>x=5</math>. Daher ist <math>\ x^2-3x-10=(x-(-2))(x-5)=(x+2)(x-5)\,</math>. |
</li> | </li> | ||
- | <li> | + | <li> Zerlege das Polynom <math>\ x^2+6x+9\,</math> in seine Faktoren. |
<br> | <br> | ||
<br> | <br> | ||
- | Dieses Polynom hat eine doppelte | + | Dieses Polynom hat eine doppelte Nullstelle |
{{Abgesetzte Formel||<math>x= -3 \pm \sqrt{\smash{(-3)^2 -9}\vphantom{i^2}} = -3</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>x= -3 \pm \sqrt{\smash{(-3)^2 -9}\vphantom{i^2}} = -3</math>}} | ||
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</li> | </li> | ||
- | <li> | + | <li>Zerlege das Polynom <math>\ x^2 -4x+5\,</math> in seine Faktoren. |
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{{Abgesetzte Formel||<math>x= 2 \pm \sqrt{2^2 -5} = 2\pm \sqrt{-1} = 2\pm i</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>x= 2 \pm \sqrt{2^2 -5} = 2\pm \sqrt{-1} = 2\pm i</math>}} | ||
- | und die Faktoren sind | + | und die Faktoren sind daher<math>\ (x-(2-i))(x-(2+i))\,</math>. |
</li> | </li> | ||
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- | + | Bestimme ein kubisches Polynom mit den Nullstellen <math>1</math>, <math>-1</math> und <math>3</math>. | |
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- | Das Polynom hat die Faktoren <math>(x-1)</math>, <math>(x+1)</math> und <math>(x-3)</math>. Multiplizieren wir diese Faktoren, erhalten wir das | + | Das Polynom hat die Faktoren <math>(x-1)</math>, <math>(x+1)</math> und <math>(x-3)</math>. Multiplizieren wir diese Faktoren, erhalten wir das gesuchte Polynom |
{{Abgesetzte Formel||<math>(x-1)(x+1)(x-3) = (x^2-1)(x-3)= x^3 -3x^2 -x+3\,\mbox{.}</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>(x-1)(x+1)(x-3) = (x^2-1)(x-3)= x^3 -3x^2 -x+3\,\mbox{.}</math>}} | ||
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- | == Fundamentalsatz der Algebra == | + | == D - Fundamentalsatz der Algebra == |
- | Am Anfang dieses Abschnittes haben wir die komplexen Zahlen eingeführt um quadratische Gleichungen wie <math>x^2=-1</math> zu lösen. Wir können uns fragen ob man mit den komplexen Zahlen alle Polynomgleichungen lösen kann | + | Am Anfang dieses Abschnittes haben wir die komplexen Zahlen eingeführt, um quadratische Gleichungen wie <math>x^2=-1</math> zu lösen. Wir können uns fragen, ob man mit den komplexen Zahlen alle Polynomgleichungen lösen kann oder, ob man dazu andere Zahlen als die komplexen benötigt. Die Antwort ist, dass die komplexen Zahlen ausreichen. Der deutsche Mathematiker Carl Friedrich Gauss bewies im Jahr 1799 den ''Fundamentalsatz der Algebra'': |
<div class="regel"> | <div class="regel"> | ||
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</div> | </div> | ||
- | + | Da aber jede Nullstelle einem Faktor im Polynom entspricht, können wir das Gesetz erweitern: | |
<div class="regel"> | <div class="regel"> | ||
- | Jedes Polynom mit dem | + | Jedes Polynom mit dem Grad <math>n\ge1</math> hat genau <math>n</math> Nullstellen, wenn man jede Nullstelle mit seiner Multiplizität rechnet. |
</div> | </div> | ||
- | (Multiplizität bedeutet dass eine doppelte Nullstelle zweimal zählt, eine dreifache | + | (Multiplizität bedeutet, dass eine doppelte Nullstelle zweimal zählt, eine dreifache Nullstelle dreimal, etc.) |
- | Beachten Sie dass der Satz nur sagt dass | + | Beachten Sie, dass der Satz nur sagt, dass komplexe Nullstellen existieren und nicht, wie man sie findet. Im Allgemeinen ist es sehr schwierig, die Nullstellen eines Polynomes zu finden. Wenn man die Nullstellen von Polynomen mit reellen Koeffizienten sucht, hilft uns das Wissen, dass die Nullstellen immer in konjugiert komplexen Paaren auftreten. |
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- | + | Zeige, dass das Polynom <math>p(x)=x^4-4x^3+6x^2-4x+5</math> die Nullstellen <math>x=i</math> und <math>x = 2-i</math> hat. Bestimme damit alle Nullstellen. | |
- | + | Gegeben ist | |
{{Abgesetzte Formel||<math>\begin{align*} p(i) &= i^4- 4i^3 +6i^2-4i+5 = 1+4i-6-4i+5=0\,\mbox{,}\\ p(2-i) &= (2-i)^4 -4(2-i)^3 + 6(2-i)^2 - 4(2-i) +5\,\mbox{.}\end{align*}</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>\begin{align*} p(i) &= i^4- 4i^3 +6i^2-4i+5 = 1+4i-6-4i+5=0\,\mbox{,}\\ p(2-i) &= (2-i)^4 -4(2-i)^3 + 6(2-i)^2 - 4(2-i) +5\,\mbox{.}\end{align*}</math>}} | ||
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- | + | Da das Polynom reelle Koeffizienten hat, können wir direkt sagen, dass die anderen Nullstellen die konjugiert komplexen Nullstellen sind, also <math>z=-i</math> und <math>z=2+i</math>. | |
</div> | </div> | ||
- | Eine | + | Eine Folgerung aus dem Fundamentalsatz der Algebra ist, dass alle Polynome in lineare komplexe Faktoren zerlegt werden können. Dies gilt natürlich auch für Polynome mit reellen Koeffizienten, nur können wir dann die konjugiert komplexen Faktoren zu reellen quadratischen Faktoren multiplizieren. Das Polynom wird in diesem Fall aus linearen und quadratischen Faktoren bestehen. |
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''' Beispiel 7''' | ''' Beispiel 7''' | ||
+ | Zeige, dass <math>x=1</math> eine Nullstelle von <math>p(x)= x^3+x^2-2</math> ist. Zerlegen Sie danach <math>p(x)</math> in reelle Polynome und zerlegen sie dann <math>p(x)</math> in lineare Faktoren. | ||
- | Zeigen Sie dass <math>x=1</math> eine Nullstelle von <math>p(x)= x^3+x^2-2</math> ist. Zerlegen Sie danach <math>p(x)</math> in reelle Polynome, und zerlegen sie dann schließlich <math>p(x)</math> in lineare Faktoren. | ||
- | + | Da <math>\ p(1)= 1^3 + 1^2 -2 = 0\ </math>, ist <math>x=1</math> eine Nullstelle des Polynoms. Laut dem Fundamentalsatz der Algebra ist daher <math>x-1</math> ein Faktor von <math>p(x)</math>, also ist <math>p(x)</math> durch <math>x-1</math> teilbar. Wir teilen daher <math>p(x)</math> durch <math>x-1</math> | |
- | + | ||
{{Abgesetzte Formel||<math>\begin{align*} \frac{x^3+x^2-2}{x-1} &= \frac{x^2(x-1)+2x^2-2}{x-1} = x^2 + \frac{2x^2-2}{x-1} = x^2 + \frac{2x(x-1) +2x -2}{x-1}\\[4pt] &= x^2 + 2x + \frac{2x-2}{x-1} = x^2 + 2x + \frac{2(x-1)}{x-1} = x^2 + 2x + 2\,\mbox{.}\end{align*}</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>\begin{align*} \frac{x^3+x^2-2}{x-1} &= \frac{x^2(x-1)+2x^2-2}{x-1} = x^2 + \frac{2x^2-2}{x-1} = x^2 + \frac{2x(x-1) +2x -2}{x-1}\\[4pt] &= x^2 + 2x + \frac{2x-2}{x-1} = x^2 + 2x + \frac{2(x-1)}{x-1} = x^2 + 2x + 2\,\mbox{.}\end{align*}</math>}} | ||
- | Also ist <math>\ p(x)= (x-1)(x^2+2x+2)\,</math> | + | Also ist <math>\ p(x)= (x-1)(x^2+2x+2)\,</math>. Das ist die Antwort auf die erste Frage. |
Zeile 259: | Zeile 277: | ||
{{Abgesetzte Formel||<math>x=-1\pm \sqrt{\smash{(-1)^2 -2}\vphantom{i^2}} = -1 \pm \sqrt{-1} = -1\pm i</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>x=-1\pm \sqrt{\smash{(-1)^2 -2}\vphantom{i^2}} = -1 \pm \sqrt{-1} = -1\pm i</math>}} | ||
- | und daher hat das Polynom die komplexen | + | und daher hat das Polynom die komplexen linearen Faktoren |
{{Abgesetzte Formel||<math>\begin{align*} x^3+x^2-2 = (x-1)(x^2+2x+2) &= (x-1)(x-(-1+i))(x-(-1-i))\\ &= (x-1)(x+1-i)(x+1+i)\,\mbox{.}\end{align*}</math>}} | {{Abgesetzte Formel||<math>\begin{align*} x^3+x^2-2 = (x-1)(x^2+2x+2) &= (x-1)(x-(-1+i))(x-(-1-i))\\ &= (x-1)(x+1-i)(x+1+i)\,\mbox{.}\end{align*}</math>}} | ||
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+ | Noch Fragen zu diesem Kapitel? Dann schau nach im Kursforum (Du findest den Link in der Student Lounge) oder frag nach per Skype bei ombTutor <skype style="call" action="call">ombTutor</skype> <skype style="chat" action="chat">ombTutor</skype> | ||
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+ | Keine Fragen mehr? Dann mache weiter mit den '''[[3.4 Übungen|Übungen]]''' . |
Aktuelle Version
Theorie | Übungen |
Inhalt:
- Polynomdivision
- Fundamentalsatz der Algebra
Lernziele:
Nach diesem Abschnitt solltest Du folgendes wissen:
- Wie man die Polynomdivision ausführt.
- In welchem Verhältnis die Faktoren und Nullstellen eines Polynomes stehen.
- Ein Polynom mit Grad n hat n Nullstellen.
- Polynome mit reellen Koeffizienten haben konjugiert komplexe Nullstellen.
Die Lernziele sind Dir aus der Schule noch bestens vertraut und Du weißt ganz genau, wie man die zugehörigen Rechnungen ausführt? Dann kannst Du auch gleich mit den Prüfungen beginnen (Du findest den Link in der Student Lounge).
A - Polynome
Ausdrücke in der Form
\displaystyle a_nx^n+a_{n-1}x^{n-1} + \ldots + a_2x^2 + a_1x+a_0 , |
wobei \displaystyle n eine ganze Zahl ist, nennt man Polynome vom Grad \displaystyle n und der Variable \displaystyle x. Die Zahl \displaystyle a_1 ist der Koeffizient von \displaystyle x, \displaystyle a_2 ist der Koeffizient von \displaystyle x^2, etc. Die Zahl \displaystyle a_0 ist die Konstante des Polynoms.
Polynome haben mit den ganzen Zahlen viele Eigenschaften gemein und sind deshalb in der Mathematik höchst interessant.
Beispiel 1
Vergleiche folgende Zahl in der Basis 10
\displaystyle 1353= 1\cdot 10^3 + 3\cdot 10^2 + 5\cdot 10 + 3 . |
mit dem Polynom \displaystyle p(x)
\displaystyle x^3 + 3x^2 + 5x + 3 = 1\cdot x^3 + 3\cdot x^2 + 5\cdot x + 3 |
und dann den folgenden Divisionen
- \displaystyle \quad\frac{1353}{11} = 123 \qquad da \displaystyle \ 1353= 123\cdot 11\,,
- \displaystyle \quad\frac{x^3 + 3x^2 + 5x + 3}{x+1} = x^2+2x+3\qquad da \displaystyle \ x^3 + 3x^2 + 5x + 3= (x^2+2x+3)(x+1)\,.
Wenn \displaystyle p(x) ein Polynom vom Grad \displaystyle n ist, ist \displaystyle p(x)=0 eine Polynomgleichung vom Grad \displaystyle n. Falls \displaystyle p(a)=0 für die Zahl \displaystyle x=a, nennt man \displaystyle x=a eine Wurzel oder Lösung der Gleichung. Man sagt auch, dass \displaystyle x=a eine Nullstelle von \displaystyle p(x) ist.
Das Beispiel zeigt, dass Polynome wie ganze Zahlen dividiert werden können. Meistens erhält man nach einer Polynomdivision nicht ein ganzes Polynom. Es ist wie bei den ganzen Zahlen, zum Beispiel
\displaystyle \frac{37}{5} = \frac{35+2}{5}=7+\frac{2}{5}\,\mbox{.} |
Man kann auch schreiben, dass \displaystyle \ 37= 7\cdot 5+2\,. Die Zahl 7 wird Quotient genannt, und die Zahl 2 wird der Rest genannt. Man sagt, dass die Division von 37 durch 5 den Quotienten 7 und den Rest 2 ergibt.
Gleichermassen gilt, dass wenn \displaystyle p(x) und \displaystyle q(x) Polynome sind, kann man \displaystyle p(x) durch \displaystyle q(x) dividieren und die Polynome \displaystyle k(x) und \displaystyle r(x) bestimmen, sodass
\displaystyle \frac{p(x)}{q(x)} = k(x)+ \frac{r(x)}{q(x)} |
oder \displaystyle \ p(x)= k(x)\, q(x)+r(x)\,. Man sagt hier, dass \displaystyle k(x) der Quotient ist, und \displaystyle r(x) der Rest.
Falls der Rest null wird, also wenn \displaystyle r(x)=0, sagt man, dass \displaystyle p(x) durch \displaystyle q(x) teilbar ist oder, dass \displaystyle q(x) ein Teiler von \displaystyle p(x) ist. Man Schreibt
\displaystyle \frac{p(x)}{q(x)} = k(x) |
oder \displaystyle \ p(x) = k(x)\, q(x)\,.
B - Polynomdivision
Wenn \displaystyle p(x) einen Grad hat, der höher als der Grad von \displaystyle q(x) ist, kann man \displaystyle p(x) durch \displaystyle q(x) teilen. Dies kann man zum Beispiel machen, indem man Vielfache von \displaystyle q(x) von \displaystyle p(x) abzieht bis der Grad des Zählers kleiner als der Grad des Nenners \displaystyle q(x) ist..
Beispiel 2
Berechne \displaystyle \ \frac{x^3 + x^2 -x +4}{x+2}\, durch Polynomdivision.
Der erster Schritt ist, dass wir einen passenden \displaystyle x^2-Term zum Zähler addieren und subtrahieren
\displaystyle \frac{x^3 + x^2 -x +4}{x+2} = \frac{x^3+2x^2-2x^2+x^2-x+4}{x+2}\,\mbox{.} |
Dieser Term ist so gewählt, weil \displaystyle x^3+2x^2als \displaystyle x^2(x+2) geschrieben werden kann und wir dadurch den Faktor \displaystyle (x+2) kürzen können.
\displaystyle \frac{x^2(x+2)-2x^2+x^2-x+4}{x+2} = x^2+\frac{-x^2-x+4}{x+2}\,\mbox{.} |
Jetzt addieren und subtrahieren wir einen passenden \displaystyle x-Term im Zähler, sodass wir den \displaystyle x^2-Term beseitigen
\displaystyle \begin{align*} x^2+\frac{-x^2-2x+2x-x+4}{x+2} &= x^2+\frac{-x(x+2)+2x-x+4}{x+2}\\ &=x^2-x+\frac{x+4}{x+2}\,\mbox{.}\end{align*} |
Im letzten Schritt addieren und subtrahieren wir eine Konstante im Zähler
\displaystyle x^2-x+\frac{x+4}{x+2}=x^2-x+\frac{x+2-2+4}{x+2} = x^2-x+1+\frac{2}{x+2}\,\mbox{.} |
und wir erhalten
\displaystyle \frac{x^3 + x^2 -x +4}{x+2} = x^2 -x + 1 + \frac{2}{x+2}\,\mbox{.} |
Der Quotient ist also \displaystyle x^2 -x + 1 und der Rest ist \displaystyle 2. Da der Rest nicht null ist, ist \displaystyle q(x)= x+2 kein Teiler von \displaystyle p(x)=x^3 + x^2 -x +4.
Analog zur schriftlichen Division kann man diese Rechnung auch abgekürzt schreiben:
\displaystyle \phantom{-}(x^3 +\phantom{(2} x^2 -\phantom{2} x +4):(x+2) = x^2 -x +1 + \frac{2}{x+2}
\displaystyle \underline{-(x^3+\phantom{(} 2x^2)}
\displaystyle \phantom{-(x^3 (2} - x^2 -\phantom{2} x
\displaystyle \phantom{-(x^3}\underline{-(-x^2 -2x)}
\displaystyle \phantom{-(x^3+2 x^2 -2}x +4
\displaystyle \phantom{-(x^3+2 x^2 } \underline{-( \phantom{2}x+2)}
\displaystyle \phantom{-(x^3+2 x^2 +2x+}2
C - Das Verhältnis zwischen Faktoren und Nullstellen
Wenn \displaystyle q(x) ein Teiler von \displaystyle p(x) ist, ist \displaystyle p(x)=k(x)\, q(x). Wir haben \displaystyle p(x) also faktorisiert. Man sagt, dass \displaystyle q(x) ein Faktor von \displaystyle p(x) ist. Besonders wenn ein Polynom \displaystyle (x-a) mit dem Grad 1 ein Teiler von \displaystyle p(x) ist, dann ist \displaystyle (x-a) ein Faktor von \displaystyle p(x), also
\displaystyle p(x)= q(x)\, (x-a)\,\mbox{.} |
Da \displaystyle \ p(a)=q(a)\, (a-a)= q(a)\times 0 = 0\ , bedeutet dies, dass \displaystyle x=a eine Nullstelle von \displaystyle p(x) ist.
\displaystyle (x-a) ist ein Teiler vom Polynom \displaystyle p(x) genau dann, wenn \displaystyle x=a eine Nullstelle von \displaystyle p(x) ist.
Beachten Sie, dass dieser Satz in beide Richtungen gilt. Wenn wir wissen, dass \displaystyle x=a eine Nullstelle von \displaystyle p(x) ist, wissen wir also auch, dass \displaystyle p(x) durch \displaystyle (x-a) teilbar ist.
Beispiel 3
Das Polynom \displaystyle p(x) = x^2-6x+8 kann so
\displaystyle x^2-6x+8 = (x-2)(x-4) |
in Faktoren zerlegt werden und hat daher die Nullstellen \displaystyle x=2 und \displaystyle x=4 (und keine anderen Nullstellen). Dies sind genau die Nullstellen, die wir erhalten, wenn wir die Gleichung \displaystyle \ x^2-6x+8 = 0\, lösen.
Beispiel 4
- Zerlege das Polynom \displaystyle \ x^2-3x-10\, in seine Faktoren.
Indem wir die Nullstellen des Polynoms bestimmen, erhalten wir auch die Faktoren. Die quadratische Gleichung \displaystyle \ x^2-3x-10=0\ hat die Lösungen\displaystyle x= \frac{3}{2} \pm \sqrt{\Bigl(\frac{3}{2}\Bigr)^2 - (-10)} = \frac{3}{2} \pm \frac{7}{2}\,\mbox{,} also \displaystyle x=-2 und \displaystyle x=5. Daher ist \displaystyle \ x^2-3x-10=(x-(-2))(x-5)=(x+2)(x-5)\,.
- Zerlege das Polynom \displaystyle \ x^2+6x+9\, in seine Faktoren.
Dieses Polynom hat eine doppelte Nullstelle\displaystyle x= -3 \pm \sqrt{\smash{(-3)^2 -9}\vphantom{i^2}} = -3 und daher ist \displaystyle \ x^2+6x+9=(x-(-3))(x-(-3))=(x+3)^2\,.
- Zerlege das Polynom \displaystyle \ x^2 -4x+5\, in seine Faktoren.
Dieses Polynom hat zwei komplexe Wurzeln\displaystyle x= 2 \pm \sqrt{2^2 -5} = 2\pm \sqrt{-1} = 2\pm i und die Faktoren sind daher\displaystyle \ (x-(2-i))(x-(2+i))\,.
Beispiel 5
Bestimme ein kubisches Polynom mit den Nullstellen \displaystyle 1, \displaystyle -1 und \displaystyle 3.
Das Polynom hat die Faktoren \displaystyle (x-1), \displaystyle (x+1) und \displaystyle (x-3). Multiplizieren wir diese Faktoren, erhalten wir das gesuchte Polynom
\displaystyle (x-1)(x+1)(x-3) = (x^2-1)(x-3)= x^3 -3x^2 -x+3\,\mbox{.} |
D - Fundamentalsatz der Algebra
Am Anfang dieses Abschnittes haben wir die komplexen Zahlen eingeführt, um quadratische Gleichungen wie \displaystyle x^2=-1 zu lösen. Wir können uns fragen, ob man mit den komplexen Zahlen alle Polynomgleichungen lösen kann oder, ob man dazu andere Zahlen als die komplexen benötigt. Die Antwort ist, dass die komplexen Zahlen ausreichen. Der deutsche Mathematiker Carl Friedrich Gauss bewies im Jahr 1799 den Fundamentalsatz der Algebra:
Fundamentalsatz der Algebra
Jedes Polynom mit dem Grad \displaystyle n\ge1 und komplexen Koeffizienten hat mindestens eine komplexe Nullstelle.
Da aber jede Nullstelle einem Faktor im Polynom entspricht, können wir das Gesetz erweitern:
Jedes Polynom mit dem Grad \displaystyle n\ge1 hat genau \displaystyle n Nullstellen, wenn man jede Nullstelle mit seiner Multiplizität rechnet.
(Multiplizität bedeutet, dass eine doppelte Nullstelle zweimal zählt, eine dreifache Nullstelle dreimal, etc.)
Beachten Sie, dass der Satz nur sagt, dass komplexe Nullstellen existieren und nicht, wie man sie findet. Im Allgemeinen ist es sehr schwierig, die Nullstellen eines Polynomes zu finden. Wenn man die Nullstellen von Polynomen mit reellen Koeffizienten sucht, hilft uns das Wissen, dass die Nullstellen immer in konjugiert komplexen Paaren auftreten.
Beispiel 6
Zeige, dass das Polynom \displaystyle p(x)=x^4-4x^3+6x^2-4x+5 die Nullstellen \displaystyle x=i und \displaystyle x = 2-i hat. Bestimme damit alle Nullstellen.
Gegeben ist
\displaystyle \begin{align*} p(i) &= i^4- 4i^3 +6i^2-4i+5 = 1+4i-6-4i+5=0\,\mbox{,}\\ p(2-i) &= (2-i)^4 -4(2-i)^3 + 6(2-i)^2 - 4(2-i) +5\,\mbox{.}\end{align*} |
Um den letzten Ausdruck zu berechnen, müssen wir die Quadrate berechnen:
\displaystyle \begin{align*} (2-i)^2 &= 4-4i+i^2 = 3-4i\,\mbox{,}\\ (2-i)^3 &= (3-4i)(2-i) = 6-3i-8i+4i^2 = 2-11i\,\mbox{,}\\ (2-i)^4 &= (2-11i)(2-i) = 4-2i-22i+11i^2= -7-24i\,\mbox{.}\end{align*} |
Dies ergibt
\displaystyle \begin{align*} p(2-i) &= -7-24i-4(2-11i)+6(3-4i) -4(2-i) +5\\ &= -7-24i-8+44i+18-24i-8+4i+5=0\,\mbox{,}\end{align*} |
und daher sind \displaystyle i und \displaystyle 2-i Nullstellen des Polynoms.
Da das Polynom reelle Koeffizienten hat, können wir direkt sagen, dass die anderen Nullstellen die konjugiert komplexen Nullstellen sind, also \displaystyle z=-i und \displaystyle z=2+i.
Eine Folgerung aus dem Fundamentalsatz der Algebra ist, dass alle Polynome in lineare komplexe Faktoren zerlegt werden können. Dies gilt natürlich auch für Polynome mit reellen Koeffizienten, nur können wir dann die konjugiert komplexen Faktoren zu reellen quadratischen Faktoren multiplizieren. Das Polynom wird in diesem Fall aus linearen und quadratischen Faktoren bestehen.
Beispiel 7
Zeige, dass \displaystyle x=1 eine Nullstelle von \displaystyle p(x)= x^3+x^2-2 ist. Zerlegen Sie danach \displaystyle p(x) in reelle Polynome und zerlegen sie dann \displaystyle p(x) in lineare Faktoren.
Da \displaystyle \ p(1)= 1^3 + 1^2 -2 = 0\ , ist \displaystyle x=1 eine Nullstelle des Polynoms. Laut dem Fundamentalsatz der Algebra ist daher \displaystyle x-1 ein Faktor von \displaystyle p(x), also ist \displaystyle p(x) durch \displaystyle x-1 teilbar. Wir teilen daher \displaystyle p(x) durch \displaystyle x-1
\displaystyle \begin{align*} \frac{x^3+x^2-2}{x-1} &= \frac{x^2(x-1)+2x^2-2}{x-1} = x^2 + \frac{2x^2-2}{x-1} = x^2 + \frac{2x(x-1) +2x -2}{x-1}\\[4pt] &= x^2 + 2x + \frac{2x-2}{x-1} = x^2 + 2x + \frac{2(x-1)}{x-1} = x^2 + 2x + 2\,\mbox{.}\end{align*} |
Also ist \displaystyle \ p(x)= (x-1)(x^2+2x+2)\,. Das ist die Antwort auf die erste Frage.
Jetzt müssen wir nur noch \displaystyle x^2+2x+2 in seine Faktoren zerlegen. Die Gleichung \displaystyle x^2+2x+2=0 hat die Lösungen
\displaystyle x=-1\pm \sqrt{\smash{(-1)^2 -2}\vphantom{i^2}} = -1 \pm \sqrt{-1} = -1\pm i |
und daher hat das Polynom die komplexen linearen Faktoren
\displaystyle \begin{align*} x^3+x^2-2 = (x-1)(x^2+2x+2) &= (x-1)(x-(-1+i))(x-(-1-i))\\ &= (x-1)(x+1-i)(x+1+i)\,\mbox{.}\end{align*} |
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